Hamburg braucht Sport – Sport braucht Raum: TopSportVereine fordern stärkere Berücksichtigung des Sports bei der Stadtentwicklung
Hamburg ist eine wachsende und immer attraktiver werdende Stadt. Bis 2030 werden bis zu 200.000 Neubürger erwartet. Für die Stadt bedeutet es eine große Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum und ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Aber zu einer wachsenden Stadt gehört auch die Entwicklung von Infrastruktur in den wichtigen Bereichen Sport und Freizeit. Im Rahmen einer Klausurtagung der TopSportVereine Hamburg tauschten sich am 17. Mai 2017 deren Mitglieder mit Vertretern aus Politik und Behörden zum Thema Stadtentwicklung und Sport aus. Sie betonten die besondere Rolle, die Sportvereine haben, damit soziales Miteinander erfolgreich gelingt. Sport braucht Raum – und dieser muss von Anfang an in der Stadtentwicklungsplanung mitgedacht werden – so das Fazit der Tagung.
Zu seiner Klausurtagung „Stadtentwicklung und Sport“ am 17. Mai 2017 hatten die TopSportVereine der Metropolregion Hamburg neben dem Präses der Behörde für Inneres und Sport, Andy Grote, auch den Sport-Staatsrat Christoph Holstein, die Leiter unterschiedlicher Fachbehörden (Landesplanungsamt, Behörde für Schule und Berufsbildung, Amt für Familien/BAFSI) sowie den Vorstand des Hamburger Sportbundes (HSB) auf das Podium gebeten. Über 70 Vertreter aus den Sportvereinen und Behörden folgten der Einladung zu der Veranstaltung, um dieses wichtige Thema behördenübergreifend zu diskutieren.
Ausgangspunkt war die Kritik der Sportvereine an Fehlplanungen in städtebaulichen Großprojekten, die sich bei frühzeitiger Einbindung von Vertretern des organisierten Sports vermeiden ließen. „Unsere Kritik an der negativen Entwicklung in der HafenCity, der Neuen Mitte Altona und im Holstenviertel ist nicht auf taube Ohren gestoßen,“ so der Vorstandssprecher der TopSportVerine Ulrich Lopatta, „denn wir reden nicht über kleine Bewegungsinseln mit Fitnessgeräten oder einzelne Bolzplätze für Freizeitsportler, sondern über räumliche Grundvoraussetzungen für die gesellschaftspolitisch wichtige Arbeit der Sportvereine. Und da ist leider alles vergessen worden, was notwendig ist.“
Die Vereine rechnen damit, dass durch den Zuzug von 200.000 Menschen nach Hamburg in den nächsten 10 bis 15 Jahren zusätzliche Sportstätten und Sportangebote für mindestens 80.000 Menschen bereitgestellt werden müssen. Bereits jetzt sind viele Sportstätten an der Grenze ihrer Auslastung, was insbesondere bei den innerstädtischen Sportclubs in einigen Sportarten zu Wartelisten und zu Aufnahmestopps führt.
„Wir Vereine stehen dafür ein, dass auch diejenigen ihren Sport treiben können, die leicht übersehen werden: Kinderturnen, Sport für Menschen mit Handicap, Seniorensport und die vielen Aktiven in den Spielsportarten.“, so der Geschäftsführer des SV Eidelstedt Martin Hildebrandt. „Für diese Menschen brauchen wir zusätzlichen Hallenraum und Sportplätze.“, und er knüpft damit auch an die Forderungen des Dekadenziel 1 für den Hamburger Sport „Stadtteilentwicklung durch Sport und Bewegung“ an.
Die verschiedenen Statements der Behördenvertreter bei dieser Arbeitstagung, insbesondere von Sportsenator Andy Grote, zeugten von Verständnis. Der Sport- und Innensenator stellte mit seinem Impulsvortrag die entscheidende Frage: „Stadtentwicklung und Sport – wie geht das zusammen?“ Es sei Konsens, dass der Sport eine sehr wichtige Rolle für die Gesellschaft spiele und über die Lebensqualität im Stadtteil entscheide. Im Rahmen der Flächenkonkurrenz habe er jedoch oft das Nachsehen, weil es sich dabei auf den ersten Blick um immaterielle Werte handele. Grote empfahl allen Beteiligten intensive Lobbyarbeit sowie eine Suche nach kompetenten Partnern und Kooperationen um hierbei auch neue Wege zu beschreiten.
Die Leiterin des Landesplanungsamtes in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Susanne Metz stellte in ihrem Impulsvortrag verschiedene aktuelle Bauprojekte vor (u.a. in Altona, Oberbillwerder und Eidelstedt) und verwies darauf, dass sich das Landesplanungsamt um frühzeitige Einbindung und Beteiligung der Bürger und auch Sportfachleute bemühe.
Unter der Leitung des bekannten Fernsehmoderators Herbert Schalthoff (HH1) kamen sowohl die Zuhörer als auch die weiteren Gäste schnell in einen produktiven, wenn auch kritischen Austausch der Argumente.
In seinem Statement betonte Holger Stuhlmann, Leiter des Amts für Familien (Behörde für Arbeit, Soziales, Familien und Integration) die Bedeutung von starken Quartierszentren mit variablen Nutzungsmöglichkeiten. Auch hier gibt es Potentiale, die bereits jetzt durch den organisierten Sport genutzt und weiterentwickelt werden.
Thorsten Altenburg-Hack, Landesschulrat der Schulbehörde, umriss in seinem Vortrag die enge Zusammenarbeit zwischen der Schulbehörde und den Sportvereinen, die über Schulbau Hamburg die öffentlichen Schulsporthallen für ihre Sportangebote nutzen.
Bevor die Fachleute der verschiedenen Ämter und Fachgebiete in die abschließende Diskussion eintraten, machte Martin Brinkmann als Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft (STEG) deutlich, dass es in Zeiten der zunehmenden Konkurrenz um bestehende Flächen um Effizienzsteigerung in der Flächenverdichtung gehen muss. Hier seien kreative Lösungen gefragt, die aber gerade in neuen Bauprojekten die frühzeitige Entwicklung sozialer Strukturen für den Stadtteil berücksichtigen müsse.
Die Beteiligung des Sports bei der Stadtentwicklung bereits in der „Planungsphase Null“ sowie kontinuierlich im gesamten weiteren Prozess, war daher auch eine zentrale Forderung von Bernard Kösseler, Vorstand des Hamburger Sportbunds, der die Kompetenz des HSB und der Vereine und deren Bereitschaft zu Austausch und Zusammenarbeit hervorhob.
In diesem Zusammenhang sieht auch Sport-Staatsrat Christoph Holstein die große Herausforderung und Chance darin, im direkten Gespräch mit einander neue kreative Ideen zur Raumnutzung für den Sport zu entwickeln.
Die abschließende Diskussion machte den großen Handlungsbedarf noch einmal deutlich: „Die Ideen, was notwendig und möglich ist, schälen sich langsam, aber deutlich heraus, die Einsicht wächst. Wir werden mit der Stadt und dem HSB im intensiven Gespräch bleiben und das Thema weiterbearbeiten,“ so Frank Fechner, Vorstandsmitglied der TopSportVereine.
Noch im Oktober dieses Jahres soll die Diskussion im Rahmen eines interdisziplinären Symposions in der HafenCity Universität in einem größeren Kreis fortgesetzt werden, um gemeinsam Lösungsansätze und Handlungsperspektiven zu entwickeln. „Wir lassen in dieser existentiellen Frage nicht locker!“ kündigt Ulrich Lopatta stellvertretend für alle TopSportVereine an und freut sich auf die Fortsetzung des konstruktiven Dialogs.